Sindelfingen zieht den Stöpsel. Wenn der Gemeinderat am Dienstag zustimmt, dann holen die Sportangler in den kommenden Wochen die Fische aus dem Wasser.

Nächsten Monat soll der Klostersee leer sein, damit ein Jahr lang saniert werden kann. Allerdings fürchten die Stadträte die Kostenfalle. Deshalb baut die Verwaltung eine Reißleine ein.

Den Fischen und Pflanzen geht im Sindelfinger Klostersee langsam aber sicher die Luft aus. Algen en masse verbrauchen reichlich Sauerstoff. Außerdem ist der See voller Sand und Schlamm mit darin gebundenen Schad- und Nährstoffen. Er müffelt gewaltig. Der Plan: Bis zum Stadtjubiläum 2013 soll die Brühe wieder klar sein.

Hinter den Gesamtkosten steht ein großes Fragezeichen. Derzeit kalkuliert die Stadt mit 8000 Kubikmetern Schlamm, die abgetragen werden müssen. Allerdings fischt Gert Schwentner, der in Sindelfingen für Stadtentwässerung und öffentliche Gewässer zuständig ist, hier im Trüben. „Vielleicht sind es auch 5000 Kubikmeter mehr. Das lässt sich heute noch nicht sagen."

Nach einer Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts kann man den Klostersee-Schlamm wegen der Zink- und Kupferwerte auf keine landwirtschaftlichen Äcker werfen. Die Entsorgung auf einer Erddeponie treibt die Kosten zusätzlich in die Höhe. Auch sind die Kollateralschäden noch nicht vorauszusehen, die beim möglichen Einsatz von Baggern entstehen werden.

Es droht die Millionengrenze

Zusammen mit den Ausgaben für neue Pflanzen oder die Instandsetzung der Wege kalkuliert die Stadt nach der vorgelegten Planung – Wasser ablassen, komplett ausbaggern, Klostersee wieder füllen – mit 750 000 Euro, doch auch die Millionengrenze könnte schnell erreicht sein.

Für Wolfgang Döttling ist das schon alleine angesichts der jüngsten Hiobsbotschaft von vier Millionen Euro weniger Gewerbesteuereinnahmen in diesem Jahr „hanebüchen. Diese Ausgaben können wir niemals vertreten." Für die Suche nach günstigeren Alternativen machte sich gestern Abend besonders SPD-Rat Andreas Schneider-Dölker stark: „Wir brauchen nicht immer die 100-Prozent-Lösung." Dagegen sagte Georg Schindler von der CDU: „Wenn nicht jetzt, dann nie." Und Fraktionskollege Host Thome mutmaßt, „dass die Sache in zwei Jahren bestimmt nicht billiger wird". Deshalb hat der Technik- und Umweltausschuss mit breiter Mehrheit eine Variante mit eingebauter Reißleine ins Spiel gebracht, die der Gemeinderat am Dienstag absegnen soll: Das Wasser kommt jetzt raus, und wenn man im Frühjahr klarer sieht, wird entschieden, wie es weitergeht. Absaugen oder ausbaggern, komplett oder zum Teil. Und wenn alles zu teuer wird, kommt das Wasser einfach so wieder rein. Zum letzten Mal ist der Klostersee im Jahr 1973 entschlammt worden und davor 1965. Seitdem schwemmt der Sommerhofenbach, der die Anlage speist und durchfließt, immer neue Sandkörner herein, die sich auf dem Boden absetzen – seit den Jahren 1987/88 auch und vor allem im vorgelagerten kleinen Klostersee, der mit einer Oberfläche von fast einem Hektar für die Landesgartenschau 1990 angelegt wurde.

Die Fachhochschule Rottenburg hat im Frühjahr die Dicke der Ablagerungen gemessen. Im Schnitt sind diese 80 Zentimeter hoch, zum Teil sogar deutlich höher, und die Wassertiefe liegt nur noch an wenigen Stellen über einem Meter. „Langfristig lässt sich eine gute Wasserqualität nur dann herstellen, wenn man das gebildete Sediment entfernt", sagt Gert Schwentner.

Der Zeitplan

Bis November sollen die Fische aus dem See geholt und das Wasser abgelassen sein. Danach werden die Dicke und die Belastung der Ablagerungen gemessen. Eine zweite Messung gibt es im Februar. Anschließend fällt die Entscheidung, ob und wie in den Monaten April, Mai und Juni der Schlamm abgetragen wird. Falls ja, soll ab Juli 2012 neu bepflanzt werden. Im August kommt das Wasser langsam zurück in den Klostersee, der spätestens in einem Jahr wieder voll sein soll.

An warmen Tagen stinkt die Brühe im Klostersee zum Himmel. Bis zum Stadtjubiläum 2013 soll sich das ändern.

Quelle: SZ/BZ www.szbz.de

Bericht: SZ/BZ Jürgen Wegner

Bildergalerie

Teil 2 Bildergalerie Klostersee

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